Branchenbrief Health Care Logistik, Ausgabe 9, November 2017
Eine Branchen(um)frage: Ist Präqualifizierung der Dienstleister erforderlich?
Müssen Sanitätshäuser darauf achten, dass die von ihnen beauftragten Dienstleister nach aktueller Gesetzeslage präqualifiziert sind? Müssen also die Anbieter, die beispielsweise Duschhilfen, Rollatoren und Toilettenstühle an Endkunden und Patienten liefern, ihre Eignung und Leistungsfähigkeit vor Auftragsannahme zwingend gegenüber der Krankenkasse nachweisen? Wie erkennt der Endkunde einen Betrieb bzw. einen Lieferanten, der einen solchen Nachweis erbracht hat? Wer kontrolliert die Eignung? "Die aktuelle Gesetzeslage ist schwammig und lässt unterschiedliche Interpretationen zu", findet jedenfalls Olaf Glowacz. Mit einer Umfrage zum Thema "Präqualifizierung im Gesundheitswesen" möchte der HealthCare Logistik-Experte jetzt diesen Fragen nachgehen.
Umfrage zum Thema
Jeder Angehörige der Branche kann seine Einschätzung der Lage sowie seine diesbezüglichen Erfahrungen mit den Krankenkassen und der Öffentlichkeit zusenden. Glowacz´s Team wird die Bögen und Zuschriften anschließend auswerten, analysieren und die Erkenntnisse in einem Fachartikel und kostenlosen Ratgeber für Sanitätshäuser und Lieferanten veröffentlichen.
Die Umfrage ist beendet!
Doch was wird eigentlich unter Präqualifizierung verstanden?
Wikipedia gibt dazu folgende Antworten (Auszüge):
- "Unter Präqualifizierung versteht man eine vorwettbewerbliche Eignungsprüfung, bei der potenzielle Lieferanten nach speziellen Vorgaben unabhängig von einer konkreten Ausschreibung ihre Fachkunde und Leistungsfähigkeit vorab nachweisen."
- "Dadurch entsteht eine standardisierte Unternehmensakte für die Präqualifikation, das so genannte „virtual company dossier“ zur Identifikation potenzieller Auftragnehmer."
Warum beschäftigt sich Olaf Glowacz mit diesem Thema so intensiv?
"Meine Anfragen bei offiziellen Stellen wie Ministerien und Leistungsträgern haben bisher nur wenige bis keine Erkenntnisse gebracht. Ich verspreche mir von dieser Aktion, dass wir, also die Branche selbst, für Klarheit sorgen. Am Ende soll jeder Anbieter, jedes Sanitätshaus und jeder Lieferant genau wissen, was er in Bezug auf die Präqualifizierung zu tun hat und wo er bei aufkommenden Fragen entsprechende Hilfestellung erhält."
Welche Mammutaufgabe er sich damit vorgenommen hat, zeigt beispielsweise eine erste Einschätzung des Rechtsanwalts Jörg Hackmann aus der Kanzlei Hartmann Rechtsanwälte, Lünen: "... nicht so einfach jedoch ist Ihre Frage nach den rechtlichen Konsequenzen zu beantworten, wenn ein nicht präqualifizierter Dienstleister eingesetzt wird. Ob dies zulässig oder unzulässig ist, hängt von einer Vielzahl von Konstellationen ab, die nicht mit einem Ja oder Nein zu beantworten sind. Insbesondere kommt hinzu, dass ganz wesentlich die vertraglichen Gestaltungen von Bedeutung sind, die je nach Krankenkassen und Versorgungsbereich durchaus unterschiedlich sind. Beispielsweise sehen durchaus Verträge der Krankenkassen in manchen Versorgungsbereichen vor, dass die Auslieferung des Hilfsmittels ohne Weiteres durch ein Logistikunternehmen erfolgen kann, jedoch die konkrete Einweisung oder Beratung immer durch das Fachpersonal erfolgen muss, welches bei dem präqualifizierten Unternehmen angestellt ist. Insoweit lassen sich noch verschiedenste andere Konstellationen denken, die man dann konkret untersuchen müsste."
Hartmanns Berufskollege, RA Diedrich Wilms von der Kanzlei Wilms|Rechtsanwälte aus Berlin, sieht die Sachlage ähnlich: "Die Präqualifizierung ist eine vom Gesetz vorgesehene allgemeingültige Form, um die Eignung eines Hilfsmittelerbringers zur Versorgung von GKV-Patienten zu belegen. Sie befreit den Hilfsmittelerbringer von einer Nachweisführung in jedem vertraglichen Einzelfall und zertifiziert das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen stattdessen allgemein (vgl. § 126 Abs. 1 und 1 a SGB V). Das Gesetz sieht weder eine Verpflichtung zur Präqualifizierung vor, noch regelt es Sanktionen für den Fall einer Versorgung ohne Präqualifizierung.
Solche Sanktionen enthalten stattdessen in aller Regel die Verträge, unter deren Anwendung der Hilfsmittelerbringer eine Versorgung vornimmt. Denn die eigene Präqualifizierung ist Vertragsteilnahmevoraussetzung. Erfüllt ein Hilfsmittelerbringer diese Voraussetzung nicht (mehr) und versorgt er dennoch, stellt dies regelhaft einen wesentlichen Vertragsverstoß dar, der Vertragsstrafe oder auch Versorgungsausschluss zur Folge haben kann.
Das gilt auch dann, wenn der Hilfsmittelerbringer zulässiger Weise seine Leistungserbringung auf Dritte, hier einen Dienstleister, überträgt. Zwar sind möglicherweise Leistungsbereiche denkbar, wie etwa die reine Logistik, die von einer Präqualifizierung nicht berührt sind. Handelt es sich jedoch um wesentliche Teile der Hilfsmittelversorgung wie das hier genannte Erklären oder Einweisen, löst eine entsprechende Erbringung durch nicht präqualifizierte Dienstleister, deren Leistung der Hilfsmittelerbringer sich zur Erbringung seiner Leistungen nach dem Versorgungsvertrag zu eigen macht, die vertraglichen Folgen ebenso aus, als wenn der Hilfsmittelerbringer selbst dieses Präqualifizierungserfordernis nicht erfüllt hätte."
Diese fachanwaltlichen Beurteilungen der Lage zeigten schon ganz deutlich, dass im Falle der Präqualifizierung der Einzelfall eine große Rolle spiele, so Olaf Glowacz. Und genau diese Einzelfälle und persönlichen Erfahrungen sollen jetzt mit Hilfe der Branchenumfrage größere Klarheit für alle Beteiligten und ggf. einen notwendigen Diskurs in Gang bringen. Er lade alle ganz herzlich dazu ein, sagt der Logistik-Experte aus Potsdam.
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